Donnerstag, 18. Juli 2013

Die großen Künstlertechniken und ihr Material: Pastellkreiden

Frankfurter Meister, Bildnis des Tollhausverwalters
Anton Antoni, 65 x 53 cm,
Pastell auf Pergament, 1820
Was ist das Besondere an nebenstehendem Porträt?
Beim flüchtigen Hinsehen drängt sich die Ähnlichkeit mit dem Ölbild auf. Zarte Übergänge, feinste Nuancen und Farbschattierungen sind auch hier vorhanden. Kann man glauben, dass es sich auch hier um Kreidezeichnungen handelt? Wo man doch annehmen würde, dass die Kreide einen groben, schartigen Strich hinterlässt, keine weichen, fließenden Übergänge wie ein flüssiges Medium. Doch, das ist mit Pastellkreiden möglich. Gebunden mit Kaolin, einem hochfeinen Mineral, dem Grundstoff von Porzellan, kommen die Kreiden zart und pudrig daher.


Pastell -- das ist im Grunde nichts anderes als ein leicht gebundenes, in Stangen gepresstes Pigment. Das Bindemittel kann variieren, die Hersteller gehen mit dem Wissen vertraulich um. Die Stifte färben bei der leichtesten Berührung ab, darum werden sie in einer Papierhülle geliefert. Sie haben eine pulverige-trockene Oberfläche und geben beim Auftragen auf das Papier (vorzugsweise rauhere Qualitäten wie Ingres) unter schleifenden Geräuschen einen aufgerissenen, kreidigen Strich ab. Nicht jedermanns Sache. 
Die Sängerin Caterina Regina Mingotti

 Anton Raphael Mengs, um 1750
Andererseits erlauben sie zarte Verläufe der Farben, die dieses künstlerische Mittel bei den Porträtmalern äußerst beliebt gemacht hat, und ihren Höhepunkt erreichte diese Technik im Rokoko und dem ausgehenden 18. Jh. Ist es ein Zufall, dass gerade das Rokoko, die Zeit, in der die Morgentoilette hauptsächlich im Auftragen von Puder bestand, vernarrt war in die Pastelltechnik? Es waren vielfach die höfischen VIPs, die den schmeichelnden Charakter des Pastells schätzten, mit dem der Künstler der Haut seiner Kundinnen und Kunden einen perlmuttartigen Schimmer verleihen konnte, glänzende Augen und glamouröse Seiden- und Samtstoffe schildern, die dem Gesicht den repräsentativen Rahmen verschafften. Entsprechend ist die verführerische Seite der Pastellmalerei diese Leichtigkeit, mit der sich glatte Übergänge malen lassen. Der Kitsch lauert gleich um die Ecke.

Eine Landschaftskizze kann in kürzester
Zeit entstehen, 15 Minuten dauerte diese
.
Die Pastelltechnik hat ihre Position seither aber nicht ganz verloren. Ihr Vorteil ist, dass sie ein schnelles, spontanes Arbeiten unterstützt, man braucht außer einem rauhen Papier wie Ingres- oder Velourspapier keine Vorbereitungen, man sieht die Farbtöne etwa so, wie sie am Schluss erscheinen, man kann sie auf dem Bildgrund mischen und in winzigen Portionen auftragen, so dass feinste Nuancen sichtbar werden. Sie kann auch kompromisslos und wild verwendet werden, sie unterstützt das ungeplante Arbeiten, erlaubt aber dem Künstler dennoch die volle Kontrolle.
Wir bieten Pastellkreiden mehrerer Hersteller an
 Hier einBeispiel für heutige Arbeiten mit Pastellkreiden.
Einziges Problem bei diesen Arbeiten war die Fixierung, die in vergangenen Jahrhunderten durch das Tränken mit einer Leimlösung vorgenommen wurde, später aber durch den Auftrag von gelösten Lacken wie Schellack, die in einer leicht flüchtigen Flüssigkeit wie Birnenäther aufgetragen wurden, indem man sie zerstäubte. Heute verwenden wir überwiegend Sprays; früher geschah das durch das Aufblasen mit einem Röhrchen oder mittels eines Gummiballons. Wir bieten weiterhin ein solches Röhrchen für den sparsamen Auftrag von Fixativ an.
Ein wenig Übung ist dabei vonnöten; probieren Sie es am besten vorher aus, bevor Sie die Spitze des Zerstäubers auf Ihr bestes Werk richten.  Und Sie sollten keine Angst davor haben, zeitweilig Ihre eigene Farbe zu verändern. Wie mein Kunstlehrer in der Schule sagte: "Ein sauberer Künstler ist ein fauler Künstler."