Montag, 3. Juni 2013

Farbe der Woche: Rötel und andere Kreiden

Rötelzeichnungen des französischen Kunsttischlers André Charles Boulle, um 1720–1730

Jean Etienne Liotard,
"Türkische Dame und ihre Dienerin",

ca. 1740


Rötel

Rote Erden waren während der gesamten Menschheitsgeschichte ein billiges und beliebtes Mittel, mit dem der Mensch seiner Umgebung und sich selber Farbe verlieh. Im alten Rom und Pompeji zeichnete man vielfach mit Rot direkt auf die Wände, teils als Vorzeichnung für die Wandmalerei, teils ließ man die Zeichnungen und Beschriftungen in dieser Form stehen.
Rötel ist ein in Brocken verfügbares  Erdpigment, Hämatit in Tonerde, durch Grabungen gefunden, u.a. im Saarland. Hier finden Sie eine große Zahl von Bildern.
Rötel wurde in Form von länglichen Stücken benutzt und war wegen seinem kräftigen, warmen Farbton Standardmaterial für Skizzen und Zeichnungen.
Es handelt sich um ein leicht fettiges Material (anders als der heute im Handel erhältliche Rötel) mit erdig-kreidigem Strich. Er war seit der Antike als Skizzenstift sehr beliebt.
Rötel- und Kreidezeichnung 
aus der Werkstatt Holbeins,
vermutlich Ann Boleyn darstellend, 
eine der Gattinnen Heinrichs VIII



 
Viele Künstler vergangener Jahrhunderte fertigten Kreide- oder Rötelzeichnungen auf getönten Papieren an. Wenn man hier mit weißer Kreide Lichter aufsetzt, also "höht", dann entsteht mit wenig Arbeitsaufwand, fast von selber, eine Tiefe, die von Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien und vielen anderen Zeichnern effektvoll genutzt wurde.

Mit farbigen Kreiden wurde schon lange skizziert, doch galt eine solche Arbeit nur als Vorstudie, nicht als eigenständiges Kunstwerk. Die Palette war beschränkt, aber das war für die Anwendung in Skizzen kein Nachteil. Hier kam es darauf an, preisgünstige Mittel zu verwenden, so wie wir es schon im Kapitel über Bister und Sepia hörten. Auch schätzten reisende Künstler den praktischen Wert und die leichte Beschaffbarkeit solcher Farben. Von Leonardo da Vinci sind uns zahlreiche Skizzen in Rötel erhalten geblieben, die bei ihm möglicherweise mehr bedeuteten als nur Vorzeichnungen.

Die Porträts, die Holbein von den Frauen Heinrichs VIII anfertigte, die charmanten Zeichnungen des Rokoko, auf denen Jean-Etienne Liotard elf Kinder der österreichischen Kaiserin Maria-Theresia festgehalten hat, zeigen: Kreiden und Rötel sind das gegebene Mittel für Porträts, weil sich ebenso zarte Schattierungen durch Verwischen anlegen lassen, wie auch die schwarze Kreide kräftige Pupillen zu zeichnen erlaubt.

Jean-Étienne Liotard (1702--1789), Porträt
der jugendlichen Marie-Antoinette
Auch beim Aktzeichnen ermöglicht die Kombination von Rötel und schwarzer oder brauner Kreide ebenso einen sicheren Strich wie weich modellierende Schatten. Bis in die heutige Zeit stehen den Künstlern Kreiden, Kohle und Rötel für ihre Naturstudien zur Verfügung.

Zeichenkohle und schwarze Kreide

Kohle ist der einfachste Stoff für Zeichenstifte. Wir bieten Zeichenkohle an, sorgfältig und langsam verkohlte Holzstäbe, ein sehr natürliches und ursprüngliches Material. Kohlezeichnungen müssen unbedingt fixiert werden, aber der Vorteil ist die Möglichkeit, großzügig und spontan im großen Stil skizzieren zu können. Heute können wir uns auf Fixiersprays stützen, etwas ursprünglicher ist das flüssige Fixativ, das mit einem rechtwinkligen Blasröhrchen auf das Papier aufgebracht wird -- preisgünstiger als Sprays, aber schwerer zu handhaben. Für das Aktzeichnen vor dem lebenden Modell ist Zeichenkohle eines der klassischen Mittel. Sie behauptet sich auch deshalb gegenüber dem Bleistift, weil die Graphitmine einen Glanz aufweist, der bei der Reproduktion stört und immer ein wenig grau statt tiefschwarz aussieht. Ebenso charaktervoll wie Kohle und im Schwarz noch intensiver ist Kreide. Sie erhalten bei uns eine feste Kreide in Vierkant-Stangen, die aus rotem, braunem oder schwarzem Pigment bester Qualität gefertigt ist. Auch als Buntstift können Sie die Farben erhalten, mit denen Sie die Techniken und Arbeitsweise der Künstler vergangener Jahrhunderte nachvollziehen können.
Aber das ist schon wieder ein anderes Kapitel.


Schwarze Zeichenkreiden, Holzhalter
Rötelähnliche Buntstifte

Montag, 27. Mai 2013

Farbe der Woche: Gebrannte Siena


Rote Ziegel dominieren in Lucca 
Mit diesem Farbton knüpfen wir an ein Thema an, das vor einigen Wochen besprochen wurde, an die Roten Erden. Aus der Toscana bei Siena stammten ursprünglich zwei berühmte Erdfarben: Ein gelber Ocker, Siena Natur benannt, und die durch Brennen hieraus gewonnene rotbraune Variante, die Gebrannte Siena. Das im Kristall dieser Erde enthaltene Wasser entweicht durch das Brennen bei hohen Temperaturen von bis zu 800°C. Es gibt kaum noch Werkstätten, in denen solche Pigmente aus natürlichen Erden hergestellt werden. Viele Lagerstätten in Italien und Frankreich sind erschöpft oder der Abbau hat sich nicht mehr gelohnt -- immer mehr der natürlichen Erden sind den synthetischen Farbstoffen gewichen. Die Farbnamen erinnern dennoch an die Gewinnung und Fertigung in früheren Jahrhunderten. 
Wenn Sie ganz sicher sind, einen echten, aus Erde gewonnenen Ocker als Pigment in Pulverform zu besitzen (und nur dann), können Sie aus gelbem Ocker einen etwas rötlicheren Ton gewinnen, wenn Sie ihn in einer Eisenpfanne hoch genug erhitzen. Um einen wirklich roten Ocker zu erhalten, müssen allerdings viel höhere Temperaturen erreicht werden. Aber ich habe es probiert, es funktioniert.
In Frankreich belebt die Bewegung "Terres et Couleurs" die Nutzung der natürlichen Ockerfarben seit 1995 mit einfachsten Mitteln. Farben werden aus ungiftigen Grundstoffen hergestellt wie Mehl, Erdpigmenten und Leinöl -- bisweilen fragt man sich wirklich, ob die Handwerker Pfannkuchen oder Anstriche erzeugen wollen. Das Ergebnis ist atemberaubend. Wer meint, dass Erdfarben immer gedämpfte Tone sind, wird mit brillanten Gelb-, Orange- und Rottönen konfrontiert.
Die gebrannte Siena fällt dabei in die Kategorie der orange-braunen Töne. Sie ist ein Lasurton und kann lebhaft und kräftig wirken, auf jeden Fall aber warm und satt. Sie ist ein Lieblingspigment der Maler seit jeher. In der Landschaftsmalerei stellt sie zum Beispiel Ziegelgebäude dar, in der Akt- und Porträtkunst hilft sie beim Anlegen warmer Schatten oder gebräunter Teints.


Römische Essgeschirre aus Terra Sigillata
Wir berichteten schon über die Terra Sigillata, das Material für Gefäße, die in der römischen Antike die Tafeln zierten. Ob man damals schon die gesundheitsschädliche Wirkung von Bleiglasuren kannte, sei dahingestellt; die römischen Töpfer setzten offensichtlich ihren Ehrgeiz darein, unglasierte Gefäße so dicht und glatt zu produzieren, dass sie für Wein, Öl und Speisen verwendet werden konnten, und das wurde erreicht, indem das halbtrockene (und natürlich noch ungebrannte) Tongefäß im "lederharten" Zustand poliert wurde. Es kann in diesem Zustand durch Abreiben mit einem Holz- oder Knochenspatel auf Hochglanz gebracht werden, ohne dass eine Glasur verwendet wird. Auf dieser Produktionsstufe kann es mit flüssigem Ton, sogenannter Engobe dekoriert oder auch mit eingeschnittenem Dekor versehen werden. Während der Ton noch weich ist, können Stempel verwendet werden, um die Oberfläche zu beleben.
So wie damals das warme Orangerot als höchst dekorativ empfunden wurde, schätzen die Maler der heutigen Zeit den Farbton Gebrannte Siena für Stadtansichten, Landschaften und für die Darstellung des menschlichen Körpers.
In den handelsüblichen Farbsortimenten ist Gebrannte Siena ein Standardton, der in keiner Serie fehlt.





Freitag, 17. Mai 2013

Farbe der Woche: Sepia, Bister und andere Zeichentuschen


Sepiazeichnung von Rembrandt
(1606-1669)
Sepia war ursprünglich eine Absonderung von Tintenfischen und Kraken, die eine schwärzliche Substanz benutzen, um bei Gefahr eine Wolke um sich zu erzeugen, die dem Verfolger die Sicht nimmt. Bis ins 19. Jh. entnahm man frisch gefangenen Tintenfischen den Beutel mit dieser Tinte und fertigte daraus eine bräunlich-schwarze Farbe zum Malen und Schreiben. 
Seit Jahrhunderten war auch Bister in Gebrauch, das ist eine Lösung von Holzruß, der in Verdünnung verschiedene Schattierungen von Braunschwarz aufweist, je nach Holzart und Behandlung.
Schloss Arenenberg von Westen.
Sepiazeichnung von
Hortense de Beauharnais, um 1816
Beide Substanzen erlaubten eine große Spannweite von zartesten Schattierungen bis zum dramatischen Schwarzbraun.

Es war eine Frage der Ökonomie, wenn viele Ansichten von Orten, Städten und Landschaften mit solchen unbunten Malmitteln angefertigt wurden. Buntpigmente waren sehr viel teurer, sie waren auch noch nicht in bequemen Packungen verfügbar, die das Malen auf Reisen einfach machen. Zugleich waren „Veduten“, Ansichten der Reiseziele, umso begehrter, da Reisen noch einsame Höhepunkte im Leben der Menschen waren.
Sir Joshua Reynolds (1723-1792),
spielende Kinder
, Bister
Wer überhaupt reiste, tat das meist wenige Male im Leben. Goethes Reise nach Italien dauerte zwanzig Monate, aber es blieb die einzige zu diesem Ziel. Wenn man die Postkutsche benutzte, blieb das Gepäck überschaubar, und wann immer die Künstler Skizzen anfertigten, benutzten sie die preisgünstigsten und am einfachsten zu beschaffenden Mittel.

Man führte die Linien mit der Feder aus und „lavierte“, sprich, verwusch die Schattierungen mit dem Pinsel und verdünnter Farbe. Hierbei bot sich Sepia oder Bister, die Rußtinte, für die malerischen Sujets an. 
Reibsteine mit und ohne Gießtülle, Dose mit
Tuscheblöcken, daneben ein Wassertropfer,
Pinsel, Tuschproben
Das dritte Malmaterial aus dieser Gruppe ist die Chinatusche. Auch sie wird aus Ruß hergestellt, der durch verschiedene Verarbeitungsprozesse verfeinert wird. Man presst ihn zu Blöcken, die aromatisiert mit Patchouli und versehen mit eingeprägten und oft vergoldeten Schriftzeichen oder Bildern in den Handel kommen. Das Auflösen dieser Tusche geschieht durch Reiben auf einem Schiefertiegel. Mit etwas Regenwasser oder gekochtem Wasser wird der Tuschblock auf dem Reibstein angerieben, bis die erzeugte Farbe eine leicht angedickte Konsistenz erhält und einen leicht öligen Schimmer zeigt. Von diesem Stadium aus, das tiefe Schwärzen erzeugt, kann die Tinte zu zartesten Grauschattierungen verdünnt werden. Es ist zu empfehlen, dass Sie zuerst eine etwas dickere Konsistenz anrühren, auch wenn es ein wenig Zeit kostet, denn die Qualität der schwach angeriebenen Tinte reicht oft nicht aus. Chinatusche in Blöcken fließt praktisch nicht aus der Feder, sie wird ausschließlich mit dem Pinsel verteilt.
Chinatuschbild aus dem 18. Jh.
Wenn man einmal angefangen hat, mit chinesischer Tusche zu malen, wird man feststellen, dass auch gute schwarze Aquarellfarbe ihr nicht gleichkommt. Das tiefe, samtige Schwarz und die äußerst fein abgestimmten Graustufen übertreffen das, was man mit Aquarellfarben erreichen kann. Und man ist durchaus nicht gezwungen, im chinesischen Stil zu malen.
Inzwischen gibt es auch Chinatusche in der Flasche, die der Anforderung für Federzeichnungen angepasst ist.
Selbstverständlich können Sie bei uns Chinatusche, Reibsteine und chinesische Kalligraphiepinsel bekommen. Mit original Tintenfisch-Sepia und Holzkohlentinte ist es allerdings etwas schwieriger. Die Aquarellfarben Elfenbeinschwarz (aus Tierknochenkohle) und Lampenschwarz (aus Ruß) sowie die dunklen Brauntöne Kasslerbraun und Van-Dyck-Braun beruhen heute nicht mehr allein auf Kohlenstoff-Derivaten. Teils waren sie auch deshalb in der Vergangenheit instabil; Bitumen tendiert dazu, auch später im Bild unkontrollierbare Wanderungen zu unternehmen und wird deshalb nicht mehr in Malfarben verwendet. Ruß ist immer noch ein wichtiger Grundstoff der dunklen Farbtöne, aber auch aus lichtechten Buntfarben chemischer Herkunft werden Brauntöne zusammengesetzt, die die alten Naturstoffe an Lichtechtheit übertreffen.
Als Buntstift werden von Faber Castell die Farbtöne Sepia und Bister angeboten, natürlich handelt es sich auch hier um moderne, deutlich braun getönte Nachschaffungen der traditionellen Farbtöne.
Japanische und chinesische Tusche
Chinatusche erhalten Sie allerdings original, also in der Form, wie sie im Fernen Osten seit vielen Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden beliebt und geschätzt ist. Und auch die Tuschen von Rohrer & Klingner, die Sie im Handel finden, sind sehr nah an den traditionellen Tinten, was den optischen Eindruck betrifft.
Über traditionelle Zeichentechniken mit der Feder finden Sie hier mehr.

Montag, 13. Mai 2013

Farbe der Woche: Krapplack

Detail aus "Das Fest des St. Rochus" von Canaletto (1697–1768)

Jan Vermeer malte diese Szene,
in der das Rot für Vitalität
und Jugend steht: "Die
Kupplerin"
Rubia Tinctorum, Färberrot, das ist der Name einer Pflanze, die seit dem Altertum bekannt ist und vor allem dazu gedient hat, Textilien rot zu färben. Wie wir schon beim roten Ocker hörten, haben die Menschen die rote Farbe seit dem frühesten Altertum geliebt, offensichtlich, weil sie ein Zeichen des Lebens ist. Optisch verrät sich die Vitalität eines Menschen durch die Rötung seiner Haut, seiner Lippen; Anstrengung treibt uns das Blut zu Kopf, während die Blässe ein Zeichen des Todes ist. Rote Lippen als Zeichen ihrer jugendlichen Kraft malten sich die Frauen von jeher auf, die ältesten Belege dafür gab uns Ägypten. Das Wort "rot" ist in manchen Sprachen, wie Russisch und Türkisch, gleich oder ähnlich dem Wort "schön".
Rubia Tinctorum
Das Rot zu gewinnen, das dem Rot der Lippen am ähnlichsten ist, ist ein komplizierter Prozess. Die Wurzel der Krapp-Pflanze muss vermahlen, ihr Farbstoff extrahiert werden, dann dienen verschiedene Chemikalien wie Zinn- und Aluminiumverbindungen, je nach dem zu erzielenden Farbton, zum Ausfällen der Farbe.
Warum ist das so kompliziert? Während man den roten Ocker, so wie er aus der Erde kommt, vermahlen und gleich mit Öl oder anderen Bindemitteln anreiben kann, gewinnt man als Auszug aus der Wurzel zunächst einen flüssigen Farbstoff.
Stellen Sie sich vor, Sie würden eine rote Tinte dazu verwenden wollen, ein Ölbild zu malen. Das geht so natürlich nicht! Sie brauchen ein Pigment, einen Stoff mit "Körper". Nehmen Sie zum Beispiel eine Substanz wie Schlämmkreide, die der Zahnpasta die Cremigkeit gibt. Stellen Sie sich vor, Sie tränken ein Kreidepulver mit der roten Tinte und lassen diese Substanz trocknen. Dann hätten Sie ein Material, das sich mit Öl vermalen lässt. Dies, mal ganz primitiv dargestellt, ist der Prozess, den man "verlacken" nennt, und nun ist klar, warum wir von "Krapplack" sprechen. Natürlich verlackt die chemische Industrie den Farbstoff in einem chemischen Prozess, so dass die Farbe fest an den Trägerstoff gebunden wird. Wenn dies nicht vollkommen gelingt, kann der Farbstoff wandern, z.B. in darüber gemalte Schichten eindringen, das nennt man "ausbluten".
Ein Gesandter, Gemälde
von W.W.Wereschtschagin



Das Färben mit Krapp war vielerorts bekannt. Aber dennoch war das Färben von brillantesten Rottönen mit Krapp-Auszügen ein Geheimnis des Orient, von wo "Türkischrot" stammte.
Natürlich haben die Chemiker auch deshalb nach einer einfacheren Lösung gesucht. Um die Mitte des 18.Jh. gelang die Analyse des Naturstoffs, dessen färbender Bestandteil Alizarin genannt wurde und den man in der Folge auch synthetisch herstellen konnte. Dieses verdrängte das natürliche Krapprot teilweise vom Markt.
In der Malerei fehlen Krapptöne in keiner Palette, sie sind lichtecht und stabil gegen Säuren und Alkali. Zwar sehen sie im Vergleich zu den heutigen chemischen Rottönen, z.B. aus der Quinacridon-Skala oder den modernen "Theaterfarben" wie Opernrosa, eher gedeckt aus, aber das ist zugleich ihre Stärke. Sie wirken natürlich und fügen sich ins Porträt wunderbar ein. Das tiefe Glühen, das Sie durch Lasuren mit einem Krapprot erzeugen können, ist beeindruckend. Auch bräunliche Töne wie Madderbraun oder Krappbraun besitzen die gleiche transparente Qualität.
Mehr über Krapplack: Hier und hier.
Analyse der verwendeten Farben in einigen Gemälden

Montag, 6. Mai 2013

Farbe der Woche: Preußischblau

Dieser Farbton und die auf ähnlichen Wegen gewonnenen Farben Pariser Blau, Preußischblau, Turnbull's Blue und Delftblau verdanken ihre Existenz der eifrigen Suche nach einem Ersatz für den teuren Grundstoff Lapislazuli, der lange die teuerste Quelle für ein tiefes Blau war.

Schwarze Madonna
von Czestochow
Blautöne stellten in der Malerei immer eine Kostbarkeit dar, solange die chemischen Verfahren nicht gefunden waren. Das Mittelalter war eine Epoche tiefer Religiosität, in der ein kräftiges Blau stellvertretend für den Schutz durch die Gottesmutter stand, die traditionell in einen blauen Mantel gehüllt dargestellt wurde. Genaugenommen stammt diese Vorstellung noch aus einer heidnischen Verehrung einer weiblichen Gottheit: Die Mutter Erde ist in den blauen Mantel der Atmosphäre gekleidet. Die Maler des Mittelalters konnten das schönste Blau nur aus Lapislazuli erzeugen, das einen sehr teuren und schwer zu beschaffenden Grundstoff darstellt. Eine andere Möglichkeit war das Smalteblau aus gemahlenem Glas, das aber einen sehr schwachen Blauton hergibt.  Im Mittelalter wurde das Blaupigment gesondert abgerechnet, wenn ein Maler dem Auftraggeber seine Rechnung präsentierte, denn es stellte den größten Posten dar. Bei Rogier van der Weyden finden wir Untermalungen aus preiswertem Smalteblau, das dann durch eine lasierende Schicht aus Lapislazuli zu einem strahlenden Farbton gesteigert wurde.
Detail aus dem Bladelin-Altar von
Rogier van der Weyden (1399-1464)

Kein Wunder also, dass eine blaue Farbe auf dem Wunschzettel der Chemiker stand. Wäre sie aus billigen Grundstoffen herstellbar, dann könnte sich das Labor -- Geheimhaltung vorausgesetzt -- als Goldgrube erweisen.
Zum ersten Mal hören wir von einem synthetischen Blau 1708 in einem Brief an den Präsidenten der Preußischen Akademie der Wissenschaften Gottfried Wilhelm Leibniz. Der Naturforscher Frisch wusste von einem geglückten Experiment des Chemikers Johann Jakob Diesbach in Berlin, dem es gelungen war, eine tiefblaue Eisenverbindung zu erzielen, als er eigentlich nach einer roten Farbe suchte. Dieses Blau sollte in der Folge einen Siegeszug antreten, denn es revolutionierte die Malerei, indem es den Malern ein preisgünstiges und jederzeit verfügbares Blau-Pigment anbot.
Die Geheimhaltung funktionierte noch einige Jahre, dann wurde in England ein vergleichbarer Farbstoff entwickelt, das Turnbull's Blue.

Ein Gemälde mit dem neu
entwickelten Blau: Werffs
"Grablegung"
Pieter van der Werff schuf 1709 in Rotterdam das Gemälde "Die Grablegung Christi" (Bildergalerie Sanssouci, Potsdam), die erste bekannte Verwendung des neuen Pigments (Wikipedia). Allerdings erreicht ein Blau aus Eisenverbindungen nicht die Strahlkraft des Ultramarin oder Lapislazuli.

Durch verschiedene chemische Prozesse erzielte man rötlichere oder grünstichige Varianten, die aus der Palette nicht mehr wegzudenken sind. Lediglich in der Freskomalerei ist Preußischblau nicht anwendbar, was mit dem alkalischen Zustand des Fresco-Putzes zu tun hat. Wie schon die Entdeckung des Farbstoffs zeigt, ist dieser Blauton ein Indikator für den pH-Wert von Untergründen.

Preußischblau ist schwer aufschließbar. Künstler, die ihre Farben selber aus dem Originalpigment anreiben, haben viel Mühe damit. Darum wird auch dieses Pigment nach und nach von moderneren Substanzen abgelöst. 

Als Aquarellfarbe ist bei Schmincke eine Eisenverbindung erhältlich. Die Blautöne Berliner Blau, Pariser Blau, Preußischblau und andere aus dieser Familie sind höchst intensiv, in der Konzentration fast schwarz. Als Pigment beim Anreiben zeigen sie einen ölig-violetten Schimmer. Sie haben auch in der Verdünnung eine leicht schwärzliche Trübung, sodass man eher zu den Coelin-, Heliogen- und Kobaltblau-Tönen greift, wenn es um ein reines, klares Blau geht, zum Beispiel für den Himmel in der Landschaftsmalerei. Zur Darstellung von Kleidung ist dieser Blauton jedoch unverzichtbar, ebenso für atmosphärische Landschaften mit Wettererscheinungen, für Seestücke, Berge, Schattenpartien. 
In der Mischung mit Sepia und anderen Brauntönen gewinnen wir aus Preußischblau interessante, leicht transparente Schwarztöne, u.a. auch Varianten von Paynesgrau.

Montag, 29. April 2013

Farbe der Woche: Schweinfurter Grün

Ein original Schweinfurter Grün (das dem Wort Giftgrün zugrunde liegt) ist nicht mehr im Handel. Früher war Kupferarsenitacetat unter einer Vielzahl von Namen bekannt, am häufigsten handelte man mit Mitisgrün. Heute wird ein Phthalocynin-Farbstoff verwendet, der unbedenklich ist und die gleiche brillante Qualität aufweist wie der berühmt-berüchtigte Grünton. Wenn man ihn mit etwas Weiß und einer Spur Gelb anmischt, kommt die Mischung dem historischen Grün recht nah.
Die Verwendung von Grünspan, einer sauren Kupferverbindung, reicht weit in die Antike zurück. Dieser frische Farbton hat wahrscheinlich unwiderstehlich auf die Menschen gewirkt, deren Palette sonst recht begrenzt gewesen sein muss. Sie setzt den reichlich vorhandenen Roten Erden und Ockern einen frischen Kontrapunkt gegenüber. In der Malerei war dieser Farbton deshalb sei langem beliebt und ist auch in den Wandmalereien von Pompeji nachweisbar, also seit Jahrtausenden in Verwendung. Man behandelte Kupfer mit Weintrestern, die man gären ließ, und erhielt so die nötige Essigsäure. Ob die Menschen in der Antike sich der Giftigkeit von Kupfergrün bewusst waren, ist schwer feststellbar. In Ägypten fand diese Substanz sogar als Schminke Verwendung. In Russland bemalte man Metalldächer damit, dem natürlichen Prozess entgegenkommend, den wir auf Kupferdächern in allen Städten kennen.
Schonungen bei Schweinfurt, wo bis heute
die Gemeinde durch Farbrückstände
im Boden belastet wird

Das 19. Jahrhundert entdeckte seine Liebe zu Grün. Es tauchte ab 1800, wenn auch noch wenig in der Malerei, doch sehr oft als Innenanstrich auf, und im Biedermeier war dieser Ton Modefarbe und strahlte von den Wänden des Grünen Salons in so manchem bürgerlichen Haus. Nach und nach verbreitete sich allerdings die Erkenntnis, dass der Anstrich giftige Ausdünstungen von sich gab, dass die Arsenverbindung sich durch das Aufbringen auf Kalkputz aus der Farbe löste und in die Atemluft überging.
Ein Gemälde von Gauguin mit ähnlichen Farbtönen;
auch in seiner Zeit wurde der giftige Grünton
durch andere ersetzt
1882 folgte daher ein Verbot dieses Pigments für Anstriche, 1888 für Künstlerfarben, wobei sich nicht so rasch ein Ersatz fand. Bis heute sind Altlasten auf den Geländen alter Farbwerke ein Problem, wo die gesundheitsschädlichen Ablagerungen 200 Jahre überdauert haben.
In der Malerei taucht ein leuchtendes kaltes Grün bei den Vorläufern des Impressionismus wie z.B. bei Leonardo da Vinci auf. Auch bei den Fauves war es beliebt. Die klassische Moderne bedient sich gern dieses fast psychedelischen Farbtons. Zu diesem Zeitpunkt waren die Heliogenfarben schon bekannt, hatten sich aber noch nicht gegen den schönen, frischen Farbton durchgesetzt.



 
Im Handel sind heute ausschließlich imitierte Farbtöne anstatt von Schweinfurter Grün. Die Ungiftigkeit der Pigmente hat einen hohen Stellenwert bekommen. Die Heliogen- und Chromtöne (Chromoxydgrün stumpf und Chromoxydgrün feurig) können ohne Bedenken verwendet werden, anders als das alte Chromgrün, das aber nicht mehr im Handel ist und nur noch in der Gemälderestauration eine Rolle spielt. 
Auch das Zinnobergrün ist nicht mehr die alte Verbindung, sondern eine moderne Neuschaffung. Am nächsten kommt das Heliogrün von Schmincke an das klassische Schweinfurter Grün heran.
Mehr über die Entwicklung dieser Farbe

Montag, 22. April 2013

Farbe der Woche: Englischrot und andere Rote Erden

Die Roten Erden — Pompejanischrot, Venezianischrot, Persischrot, Englischrot, Terracotta, Indischrot, Gebrannte Siena, Caput Mortuum und viele andere  sind die Grundlage der warmen Malerpalette, seit Menschen malen. Sie galten  so hat man aus Grabbeigaben der Steinzeit  geschlossen  als eine urtümliche Nachbildung des Blutes, sei es, dass man dem Verstorbenen die Farbe des Lebens wiedergeben wollte, sei es, dass dies als Blutopfer gemeint war. Roter Ocker ist eines der ursprünglichsten Mittel, um Ornamente und Bilder zu schaffen. Sie sind wahrscheinlich die ältesten vom Menschen verwendeten Malfarben. Ihre Verwendung seit Jahrtausenden ist als Höhlendekor, Körperfarben und Gefäßdekor nachgewiesen. Das belegt auch die Stabilität dieser Pigmente.

Je nach der Landschaft, in der die Fundstätten lagen, erhielten die Farbtöne ihre Bezeichnungen: Siena, Umbra, Pozzuoli. Die Gruben in der Toscana schenkten brilliante Gelb-, Rot- und Brauntöne. Die Villenbesitzer in den Städten Herculaneum und Pompeji schmückten ihre Wohnräume vorzugsweise mit den strahlendsten Rottönen, wer Geld hatte, verwendete Zinnober. Bisweilen beschränkte man das teure Rot auf eine besonders auffallende Wand und schmückte die übrigen mit billigeren Erdfarben.
Wohnraum in Pompeji. Die berühmten Wände
in der "Villa der Mysterien" sind mit Zinnober bemalt;
sollte es weniger teuer werden, kamen Erdfarben zur
Anwendung, wie offenbar hier.

Die roten Erdpigmente, die sich hauptsächlich aus Eisenoxyd gebildet haben, sind der färbende Bestandteil in gebranntem Ton. In der spätrömischen Zeit erreichte die Töpferkunst eine bewundernswerte Höhe in der Terra Sigillata, hierüber mehr im Kapitel über gebrannte Siena. Ein Raum, in dem Speisen und Getränke in diesen luxuriösen Gefäßen gereicht wurden, konnte erst recht als Festsaal dienen, wenn die Wände mit einem passenden Farbton dekoriert wurden.

Erdfarben in der
Aquarellmalerei
Erdfarben sind die Grundlage der antiken Malerei. Sie sind an vielen Fundstellen gegraben worden, waren gesundheitlich unbedenklich, ja sogar medizinische Erden waren darunter. Sie halfen bei technischen Prozeduren als Polier- und Schleifmittel, und Roter Bolus findet als Untergrund beim Vergolden Verwendung. Lange beherrschten die Erdfarben die Paletten und bestimmten die Farbigkeit in der Malerei seit der Antike. Inzwischen wurden sie auch in chemisch-technischen Prozessen erzeugt, sei es gezielt, sei es als Abfallprodukte der Metallverarbeitung.

Die Vielfalt der
Ockertöne bei
Buntstiften
Die erhältlichen Farbsortimente enthalten eine reiche Auswahl an Roten Erden, zu denen auch das Pompejanischrot gehört. Viele sind ist als Buntstift aus der Polychromos-Serie von Faber Castell oder von Caran d'Ache erhältlich (auch als Einzelstifte!), als Aquarell- oder Acrylfarbe ist Englischrot ein Standard-Ton, meist in der hellen Variante, einem lichten Ziegelrot, und auch als Englischrot Dunkel oder Indischrot, einem dunkleren Klinkerton. Dem Pompejanischrot entspricht das Light Red von Winsor&Newton am ehesten. Dem Zeichnen mit Rötel soll ein eigenes Kapitel gewidmet sein; Sie werden davon in kommenden Folgen lesen.

Quellen:


Antikes Tafelgeschirr
Steinzeitfunde
Pompeji

Montag, 15. April 2013

Farbe der Woche: Paynesgrau


William Payne,
Selbstporträt
William Payne (4. März 1760 - August 1830) war ein englischer Maler.
Sein Weg in die Kunst folgte einer Tätigkeit für die Ingenieursabteilung der Werft in Plymouth. 1790 siedelte er nach London über. Schon zuvor war er als Landschaftsmaler bekannt geworden, hatte 1776 eine Ausstellung in der Incorporated Society of Artists beschickt und 1786 in der Royal Academy ausgestellt. Seine Ansichten von Schiefersteinbrüchen bei Plympton waren von dem weitaus berühmteren Präsidenten der Royal Academy, Sir Joushua Reynolds, gelobt worden. Andere seiner Ansichten wurden als Vorlagen für Kupferstiche verwendet.  Auf dem Gebiet der Aquarellmalerei war er erfinderisch und ist uns heute kaum für etwas anderes bekannt als für die Entwicklung seines Lieblingsfarbtons Payne's Grau, das in praktisch jeder Farbkarte vorhanden ist, auch in der Öl- und Gouachemalerei.


 
In seinen Landschaften schlägt dieses Blau-Grün-Grau den Grundton an. Seine Vorliebe für Seelandschaften und atmosphärische Wetterbeschreibungen, seine besondere Liebe, die heraufziehenden Wolken galt, führt dazu, dass diese Farbe in keinem seiner Aquarelle fehlt.
Während die Schwarztöne aus verschiedenen Sorten von Ruß hergestellt wurden (wir werden auch darüber berichten), ist das Payne's Grau eine Buntfarbenmischung. 
Kandinsky war nicht der einzige Maler, der Schwarz gegenüber einen Vorbehalt hatte. Das Schwarz aus Ruß hat eine Schwere, die es zu einem Fremdkörper innerhalb einer Komposition machen kann. Möglich, dass Payne das ebenfalls empfand und dass er das Dunstige der Wolken in seinen Landschaften nicht "verrußen" wollte. Seine Lösung war dieser Farbton. Es gibt Varianten, Ultramarin und Siena Natur zu einem grünlichen Grau zu mischen, auch auf der Basis von Preußischblau dürfte die Mischung gelingen. Dennoch verlassen sich die Maler gern auf das fertig gekaufte Produkt, um eine konstante Schattierung zu haben, die sich in der Landschaftsmalerei, im Interieur und in der abstrakten Kunst gleichermaßen angenehm in die Farbreihe einpasst und harmonisch mit den bunten Tönen vermischbar ist.

Unten: Zwei aus Buntfarben
rekonstruierte Töne.
Im Handel erhalten Sie diesen Farbton in verschiedensten Malmitteln; er ist in Farbreihen von Aquarellfarben vorhanden, bei Schmincke Horadam in zwei Schattierungen, es gibt ihn als Gouache, Ölfarbe, Buntstift und Acryl. 

Quellen:

Abbildungen sind gemeinfrei, da der Maler vor mehr als 70 Jahren starb.

Samstag, 13. April 2013

Guten Tag, wir bloggen jetzt

Dies war das erste Blogposting, als das Geschäft noch existierte. Leider gaben die Inhaber es aus Altersgründen auf. 

Unsere Kunden kennen den kleinen Laden mit der umfassenden Auswahl, in dem man in aller Ruhe seine Lieblingsprodukte aussuchen kann, wo man fachkundig beraten wird und wo auch einige ausgefallene Wünsche erfüllt werden können. An dieser Stelle möchten wir Neues aus der Branche vorstellen, vielleicht auch Neues aus unserem Ladengeschäft und dem Warenangebot. Es sind nicht die großen Aktionen, die uns auszeichnen. Wir möchten viel eher verlässliche Qualität anbieten.
Wir wenden uns nicht nur an Menschen, die Kunst als ihren Beruf erwählt haben oder die auf dem Weg dazu sind. Auch die Menschen, die ihre Freizeit durch aktive Beschäftigung mit der Kunst produktiv nutzen, werden bei uns Beratung finden. Wir können Ihre Fragen mit profundem Hintergrundwissen beantworten.
Gutes Malmaterial ist die größte Inspiration. Das betrifft auch die künstlerischen Anfänge Ihres Kindes. Von den ersten Anfängen seiner Kunst sollte es mit Handwerkszeug von guter Qualität versehen sein, das fördert die Lust am Schöpferischen. Auch hierin beraten wir kompetent.

Wir sind ein echtes Einzelhandelsgeschäft, nicht in eine Kette eingebunden, somit eine Rarität. Kommen Sie vorbei!